PM 16.03.2022 Risikofaktor Gewicht: „GeMuKi“-Studie zeigt Chancen und Hürden perinataler Prävention

Berlin, 16. März 2022 – Motivierende Beratungen zu den Themen Ernährung, Bewegung und Genussmittelkonsum im Rahmen der gesetzlichen Schwangerschaftsvorsorge können die Gesundheit von Mutter und Kind nachweislich positiv beeinflussen – so die ersten Ergebnisse des Forschungsprojekts „GeMuKi“. Der Anteil der Schwangeren, die übermäßig an Gewicht zugenommen haben, konnte durch die Lebensstil-Intervention signifikant gesenkt werden. Doch die Studie zeigt auch: Das Potenzial der Vorsorgeuntersuchungen wird nicht voll ausgeschöpft.

Am Mittwoch wurden die ersten Ergebnisse und Erkenntnisse des in Baden-Württemberg mit fast 1.500 Teilnehme-rinnen durchgeführten Forschungsprojekts „GeMuKi – Gemeinsam gesund: Vorsorge plus für Mutter und Kind“ öffentlich gemacht. In der Landesvertretung Baden-Württemberg in Berlin diskutierten im Rahmen des Kongresses „Gesunder Lebensstil rund um die Geburt“ verschiedene Akteure des Gesundheitssystems darüber, wie passende, innovative und wirksame Präventionsangebote für die Zukunft aussehen können und welche Rahmenbedingungen dafür geschaffen und optimiert werden müssen.

Wichtige Ergebnisse der Studie

Die gesetzlichen Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft sind ein optimaler Ansatzpunkt für Beratungen zu einer gesunden Gewichtszunahme, zu Ernährung, Bewegung und Genussmittelkonsum. Motivierende Gespräche mit den behandelnden Ärzt:innen oder Hebammen inklusive Vereinbarung individueller Gesundheitsziele werden als Ansporn zur Umsetzung von kleinen Lebensstilveränderungen bewertet. Perinatale Prävention wirkt, es gibt aber Hürden in der Praxis. Aus den praktischen Erfahrungen des GeMuKi-Projekts hat das Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie der Universitätsklinik zu Köln unter Leitung von Prof. Dr. Stephanie Stock im Rahmen der Evaluation die folgenden Empfehlungen und Erkenntnisse abgeleitet.

  •  „Sprechende Medizin“: Die Versorgung in der Schwangerschaft darf sich nicht ausschließlich auf die medizinische Betreuung konzentrieren, da lebensstilbedingte Faktoren großen Einfluss auf die Gesundheit von Mutter und Kind haben. Beratungszeit zu Themen der Prävention sollte fest eingeplant werden.
  • Zusammenarbeit von Ärzt:innen und Hebammen stärken: Berufspolitische Konflikte und die daraus resultierende ablehnende Haltung einzelner Mediziner:innen und Hebammen gegenüber einer Zusammenarbeit gehen zu Lasten der Schwangeren. Damit Empfehlungen für einen gesundheitsförderlichen Lebensstil nachhaltig im Familienalltag umgesetzt werden, braucht es eine bessere Vernetzung der Berufsgruppen, damit Frauen einheitliche Botschaften zur Umsetzung erhalten.
  • Risikofaktor Gewicht – über Folgen der übermäßigen Gewichtszunahme während der Schwangerschaft aufklären: Ähnlich wie Nikotin oder Alkohol stellt die übermäßige Gewichtszunahme während der Schwangerschaft einen Risikofaktor für die Gesundheit von Mutter und Kind dar. Vielen Menschen sind die Empfehlungen zur Gewichts-zunahme in der Schwangerschaft noch nicht ausreichend bewusst. Hier sollte die Aufklärung von Schwangeren – auch durch Öffentlichkeitsarbeit – intensiviert werden.

„Ich bin glücklich, dass wir mit unseren Studienergebnissen und unserem Kongress Anlass geben, das Thema `Gesundheit rund um die Geburt` weiter voranzutreiben. Es wurde intensiv über die Anpassung der strukturellen Rahmenbedingungen diskutiert“, sagt Dr. Anne-Madeleine Bau, Projektleiterin von GeMuKi. „Wichtig und richtig ist es, von den Bedürfnissen der Schwangeren aus zu denken sowie die Einbindung weiterer Gesundheitsexpert:innen. Zukünftig sollten alle Berufsgruppen auf Augen-höhe zusammenarbeiten!“

Über die GeMuKi-Studie

Die ersten 1.000 Tage, vom Zeitpunkt der Empfängnis bis zum Ende des zweiten Lebensjahres, sind prägend für die Gesundheit. Für die optimale Förderung eines gesunden Starts ins Leben ist eine fachübergreifende Gesundheitsberatung für Schwangere und junge Eltern daher von besonderer Bedeutung.

Die Studie „Gemeinsam gesund: Vorsorge plus für Mutter und Kind“ (GeMuKi), die für 4,5 Jahre in Baden-Württemberg durchgeführt wurde, hat eine neue Versorgungsform untersucht: Im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen während Schwangerschaft, nach der Geburt und im ersten Lebensjahr wurden die Schwangeren bzw. Eltern durch Frauenärzte, Hebammen und Kinder- und Jugendärzte mithilfe der Beratungsmethode „Motivierende Gesprächsführung“ umfassend zu den Themen Ernährung, Bewegung, Stillen und Genussmittelkonsum beraten. Die ergänzende GeMuKi-App hat die Frauen an ihre individuell gesetzten Gesundheitsziele erinnert.

Das Projekt GeMuKi wird aus Mitteln des Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) von 10/2017 – 3/2022 im Bereich „Neue Versorgungsformen“ gefördert und unter Beteiligung folgender Konsortialpartner durchgeführt:

  • Plattform Ernährung und Bewegung,
  • Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie Universitätsklinikum Köln,
  • Fraunhofer Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS, BARMER,
  • Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg.

Weitere Informationen zum Forschungsvorhaben sowie zur Abschlussveranstaltung finden Sie auf der Projekt-Homepage: gemuki.de